Früher herrschte in den zahlreichen Hallen der New York Stock Exchange noch emsiges Treiben. Unzählige Börsenmakler hetzten über das Parkett, sammelten Informationen ein und führten in einem, für Außenstehende, atemberaubendem Tempo Transaktionen durch. Das System basierte auf den Kontakten und der Intuition der Makler. Erfolg und Misserfolg waren stets abhängig von der Informationslage und diese war untrennbar mit zwischenmenschlichen Kontakten verbunden. Die Hauptaufgabe eines Maklers bestan darin, Informationen einzuholen, von anderen Maklern, Nachrichtenagenturen, Unternehmen und Investoren. Denn selbst der kleinste Informationsvorsprung konnte den ganz großen Erfolg bedeuten. Informationen bedeuten Macht. Die Macht zu entscheiden, bevor andere es können.
Informationen und Intuition sind das Wichtigste für einen Börsenmakler
Doch fast noch wichtiger war die Intuition der Makler, also die Fähigkeit einzuschätzen, welcher Meldung wie viel Wert zugemessen wird. Handelt es sich um eine Falschmeldung? Ist die Meldung von einem schlecht recherchierenden Amateurjournalisten verfasst worden? Makler sind in der Lage aufgrund der Informationslage präzise Entscheidungen zu treffen. Sie können denken und besitzen emotionale Intelligenz, können also auch Stilmittel wie Ironie und Übertreibungen erkennen. So trivial diese Fähigkeiten auch klingen mögen. Sie sind es nicht. An den großen Finanzmärkten der Welt wurden schon in Minuten Billionen Dollar zunichte gemacht, und das nur weil den neuen Entscheidungsträgern der Finanzwelt diese Fähigkeiten fehlen.
7 Milliarden Wertpapiere wechseln jeden Tag den Besitzer
Doch wer sind die neuen Entscheidungsträger? Die Antwort: Finanz Algorithmen. Sie scannen unermüdlich das Internet nach Informationen und konstruieren daraus ein perfektes Abbild der realen Welt. Einfach alles. Sie sind auch der Grund für die Schließung der meisten Hallen der NYSE. Mehr als zwei Drittel der circa sieben Milliarden Wertpapiere, die jeden Tag an der New Yorker Börse ihren Besitzer wechseln, werden vollkommen elektronisch gehandelt. Nicht mehr Makler sind es, die über Transaktionen entscheiden, sondern Algorithmen. Sie machen dies in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit: Ein Algorithmus braucht wenige Pikosekunden (0,000 000 000 001 Sekunden), um eine Entscheidung zu treffen.
Die Arbeit eines Algorithmus
Doch was ist überhaupt ein Algorithmus? Sehr simpel formuliert ist er eine eindeutige Instruktion ein Problem zu lösen, ein vorgeschriebener Weg von Punkt A zu Punkt B. Die Fragen “Was wird benötigt?” und “Wie wird das Problem gelöst?” werden von dem Algorithmus in unzähligen Einzelschritten gelöst. Der Finanzmarkt hat Algorithmen auch dringend nötig gemacht, da die stetig steigende Datenflut, die analysiert werden muss, schlicht und ergreifen die Makler überforderte. Algorithmen grasen die Nachrichtenwelt im Sekundentakt ab und suchen dabei nach bestimmten Schlüsselbegriffen. Anhand dieser wird eine Nachricht positiv oder negativ bewertet und der Befehl für Kaufen oder Verkaufen gegeben.
Algorithmen können nicht auf Falschmeldungen reagieren
Problematisch wird es, wenn die Nachricht falsch oder ironisch ist. Algorithmen versagen an dieser Stelle, denn sie besitzen nicht die Fähigkeit zu erkennen, ob eine Meldung wirklich brauchbar ist. Sie verwerten Meldungen einfach ohne zu prüfen, ob sie wahr sind. Echte Menschen greifen nur noch bei Systemausfällen oder besonders wichtigen Nachrichten in den Markt ein. Den Algorithmen wird eine ungeheure Macht zugestanden, denn vollkommen automatischen durchsuchen und bewerten sie Nachrichten und kaufen Aktien. Verheerend wird dieser Automatismus bei Fehlmeldungen. So verlor die New Yorker Börse 2013 innerhalb von 30 Sekunden 146 Punkte und das nur, weil eine Nachrichtenagentur aufgrund eines Hacks die Falschmeldung veröffentliche, dass es im Weißen Haus zwei Explosionen gegeben habe, bei denen Barack Obama verletzt worden sei. Die automatischen Systeme schlugen sofort Alarm und wechselten auf Verkaufen, wodurch das Absacken des Dow-Jones-Index verursacht wurde. Nach nur 90 Sekunden war der ganze Spuk vorbei, die Nachrichtenagentur meldete, dass es keine Explosionen gegeben hatte und die Algorithmen gingen vom Befehl Verkaufen wieder zu Kaufen über.
Was passiert wenn die fragilen Systeme kollabieren?
Doch was sind die Folgen der fast unendlichen Macht der Algorithmen? Was passiert, wenn die fragilen Systeme vollends kollabieren? Michael Ehlers zeigt in seinem am 27. April erscheindenden Buch “Herlich Willkommen im Dagtengefängnis”, dass der Weg durch den Algortihmus-Dschungel auch sicher sein kann und erläutert wie BIG DATA Einzug in alle Lebensbereiche nimmt.
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